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OGH-
Im Frühjahr berichtete das Versicherungsjournal davon, dass Helvetia und Wüstenrot Produkte zur Zukunftsvorsorge potentiellen Kunden mit iPhones und iPads schmackhaft machen wollen. Und dass dies den Argwohn der Konsumentenschützer weckte. Daher werde der VKI mit Klage gegen diese Praxis vorgehen.
Die ersten Urteile gingen unterschiedlich aus – Details unten – nun hat der OGH mit seinem Urteil (4 Ob 100/13 d) für Klarheit gesorgt: Wenn man einen Versicherungsvertrag mit einem hochwertigen Mobiltelefon als Zugabe bewirbt, betreibe man keine irreführende oder aggressive Geschäftspraxis. Da das allgemeine Zugabeverbot weggefallen sei, ist diese Vorgehensweise nunmehr erlaubt. Wegen der langfristigen Bindung durch die Versicherung könne man erwarten, dass sich ein durchschnittlicher Verbraucher ausführlich mit dem Produkt beschäftigt und sich nicht nur wegen dem Handy für einen Abschluss entscheidet.
Interessant waren aber auch die Entscheidungen der Gerichte davor – und die jeweiligen Argumente:
Das Handelsgericht Wien (18 Cg 62/12z-
a) Argumente zum Urteil Handeslgericht Wien
Der VKI ging -
Der VKI argumentierte, dass die Verknüpfung einer Lebensversicherung mit einem so attraktiven Werbegeschenk völlig sachwidrig sei und gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG und § 1a UWG (UnlautererWettbewerbGesetz) verstoße. Außerdem würde man die Konsumenten unter Druck setzen durch die Ankündigung, dass der Vorrat begrenzt bzw. das neue iPad 3 schon „ausverkauft" sei.
Auch sei die Möglichkeit der Prämienfreistellung beeinträchtigt (§ 173 VersVG iVm § 178 VersVG), weil das Mobilgerät bei Kündigung oder Prämienfreistellung innerhalb der ersten 60 Monate aliquot in Rechnung gestellt werde.
Der Anlockeffekt könne zum alleinigen Grund für Abschluss werden und es lege eine unzulässige Beeinflussung vor. Besonders weil sich die Anbieter werblich an eine jungen Zielgruppe richten. Dies erkenne man an der Wahl der Zugabe. Dem iPhone und iPad, die besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gut ankommen. Doch gerade diese Zielgruppe könne „als unerfahrene und leichtgläubige Verbraucher eingestuft werden, weshalb hier ein schutzbedürftiger Personenkreis iSd § 1 Abs 2 UWG vorliegt".
Auch die die Langfristigkeit des Vertrags war ein Thema:
Es könne angenommen werden, „dass gerade junge Erwachsene die wirtschaftliche Bedeutung dieser langfristigen finanziellen Belastungen nicht richtig einschätzen können".
Die beanstandete Geschäftspraktik sei geeignet, „die Entscheidungs-
Die Entscheidung des Handelsgerichts Wien wurde wahrscheinlich auch von der Wüstenrot Versicherung mit großem Interesse verfolgt. Denn auch sie wurden wegen der Bewerbung der Zukunftsvorsorge mit iPhones vom VKI verklagt.
Quellen: Versicherungsjournal, Standard, VKI-
b) Argumente im Urteil des LG Salzburg Landesgericht Salzburg zweifelt an „Zwangslage" des Verbrauchers
Mitte 2012 gab es eine Entscheidung des Landesgerichts Salzburg (14 Cg 184/11p – 9). Anders als im Fall gegen Helvetia wies das LG Salzburg das Vorbringen des VKI ab.
Darin wird argumentiert, dass ein iPhone etwa 600 bis 700 Euro wert gewesen sei. Das stelle einen erheblichen Wert dar, vor allem „in Hinblick auf die allgemein bekannte Beliebtheit" dieses Produktes. Der Anlockeffekt sei demnach hoch gewesen – aber in Relation zum Preis für die Hauptleistung nicht übermäßig hoch.
Schließt man eine Zukunftsvorsorge um mindestens 99 Euro monatlich ab, käme man bei einer Mindestlaufzeit von 15 Jahren auf eine Mindestinvestition von 17.820 Euro. Dies sei den Interessenten auch mittels einer Modellrechnung verdeutlicht worden.
„Es ist kaum vorstellbar, dass ein kritischer und aufmerksamer Verbraucher sich zum Abschluss einer derart weitreichenden Investitionsentscheidung hinreißen lässt, nur um ein Telefon zu erhalten, welches er zudem bei einer Reihe von Mobilfunkbetreibern (gebunden an einen Mobilfunkvertrag) ebenfalls erhalten kann".
Das Versprechen des kostenlosen Erhalts eines – wenngleich teuren und begehrten – iPhones entfalte daher in Zusammenschau mit dem Gesamtablauf der Werbeaktion „keine derart intensive Anlockwirkung, dass es für einen sonst aufmerksamen und kritischen Verbraucher zum alleinigen Grund für den Abschluss der Versicherung werden könnte, und ist somit nicht als aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a UWG zu werten".
Quellen: Versicherungsjournal, Standard, VKI-
Fotonachweis: 447335_web_R_K_by_Thorben-