Sensationelles Urteil zu Meinl
Dr. Neumayer: Sensationelles Urteil in Sachen Meinl! Gericht entschied zugunsten Vermittler
Eine Kundin, vertreten durch den VKI, sprach vor Gericht, wie viele andere in den letzten Monaten:Sie hätte Sicherheit wie von einem Sparbuch gewollt, und hätte, wäre sie über das Risiko richtig aufgeklärt worden, sicher nicht gekauft. Der Berater dokumentierte anderes.Was sieht das Gericht als erwiesen?Nach jahrelangem Gutachterstreit konnte Dr. Johannes Neumayer in einem Verfahren beweisen, dass aus der Sicht eines Vermögensberaters, der von den seit 2006 stattfinden Rückkäufen nichts wusste und wissen musste, Meinl Land Zertifikate nicht als hohes, sondern auch als mittleres Risiko verkauft und vermittelt werden durfte und somit die Klage abgewiesen konnte. Erstmals scheint zu gelingen, den sehr unterschiedlichen Wissenstand der Emissionsbank und des Vermittlers auch § 27 WAG) darstellen zu können.
Das Urteil können Sie hier nachlesen...
Die interessantesten Zitate aus dem Urteil:
„Die von den Mitarbeitern der beklagten Partei durchgeführte Beratung steht im Einklang mit den damals zur Verfügung stehenden Informationen. Kenntnisse über die von MEL durchgeführten Aktienrückkäufe konnte die beklagte Partei bzw. deren Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im November 2006 noch nicht haben. Das Papier war laut Sachverständigengutachten damals mit geringem bis mittlerem Risiko behaftet, war also auch für mittelfristige Veranlagung geeignet. Es entsprach daher den Vorgaben der Klägerin.“
Weiters:„Die klagende Partei habe selbst im … unterfertigten Anlegerprofil wachstumsorientiert mit mittlerem Risiko angegeben. Die MEL-Zertifikate seien im fraglichen Zeitraum jedenfalls in diese Risikoklasse einzuordnen gewesen und sei der beklagten Partei überdies ein Gutachten von Dr. Philipp Göth vorgelegen, wonach gegenständliche Zertifikate sogar als „mündelsicher“ zu qualifizieren gewesen seien. Der sich ab Mitte 2007 entwickelnde Abwärtstrend des Kurses sei damals nicht erkennbar gewesen und daher der beklagten Partei als Vermittlerin nicht zurechenbar.“
Folgender Sachverhalt steht für das Gericht als erwiesen fest: Zitate aus dem Urteil:
Die Klägerin äußerte den Wunsch, Geld für die Anschaffung eines Hauses anzusparen…
Sie kreuzte an, mehr Ertrag bei mittelfristiger Anlagedauer erzielen zu wollen. Sie brachte aber zum Ausdruck, kein besonders hohes Risiko eingehen zu wollen.
Im Zuge des Beratungsgespräches wurde … ein 2-Säulen-Modell vorgeschlagen, wobei ein Teil in MEL Zertifikate und der andere Teil in eine fondsgebundene Lebensversicherung… investiert werden sollte.
Dr. Göth kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die MEL-Aktien zur Veranlagung von Mündelgeld geeignet sind, sofern die Veranlagung im Rahmen eines sinnvollen Portfoliomix erfolgt
Schließlich entschloss sich die Klägerin zum Ankauf von Meinl European Land Zertifikaten im Wert von EUR 25.000.
Zwischen 2.11. und 5.12.2006 besprachen die Klägerin und ihr nunmehriger Ehegatte mit Georg L., dem Bruder der Klägerin, der bei der Wiener Städtischen Versicherung AG beschäftigt ist, das am 2.11.2006 getätigte Geschäft.
Es wurde sowohl über die MEL-Zertifikate, als auch über fondsgebundene Lebensversicherungen gesprochen. Dieses Gespräch führte dazu, dass die … vermittelten Versicherungen wieder storniert wurden … … , dass das Investment in die MEL Zertifikate aufrecht blieb. Erst am 12.12.2006 überwies die Klägerin den Betrag von EUR 25.000,00 an die Meinl Bank zum Ankauf von MEL Zertifikaten.
Der Aktienkurs entwickelte sich bis Anfang/Mitte 2007 in etwa so, wie die gesamte österreichische Immobilienbranche (vgl. SV Imo, AS 333). Die österreichischen Immobilienaktien schwenkten sodann gegen Ende April 2007 in einen Abwärtstrend ein, der sich im Juni stark beschleunigte. Demgegenüber blieben die MEL-Aktien bis Juli 2007 stabil und erreichten neue Höchstwerte. Unangekündigte Aktienrückkäufe hatten zunächst einen Kurs stützenden bzw. glättenden Effekt. Mit Bekanntwerden der verdeckten Aktienrückkäufe gegen Ende Juli 2007 brachen die MEL Kurse jedoch im Branchenvergleich überproportional ein. Das Anlegervertrauen war durch die Immobilienkrise allgemein und durch das nicht transparente Vorgehen des MEL Managements doppelt erschüttert (SV Imo, AS 463f.). Auch die Finanzanalysten der Investmentbanken, die sich permanent mit MEL befassten, erkannten die Zertifikatsrückkäufe seitens der MEL nicht vor Ende Juli 2007 (SV Imo, Seite 6, ON 68).
Im Zeitraum 2002 bis Ende 2006 waren die MEL-Aktien in die Risikoklasse „R2 bis R3“, geringes bis mittleres Risiko, ab Anfang 2007 bis Mitte 2007 in die Risikoklasse „R3“, mittleres Risiko, einzustufen. Die Klasse „R4“, hohes Risiko, war ab dem 3. Quartal 2007, die Klasse „R5“, sehr hohes Risiko, war ab dem 4. Quartal 2007 gegeben (SV Imo, AS 465). Die MEL-Aktien als Einzelveranlagung waren zu keinem Zeitpunkt mündelsicher im Sinne des § 230e ABGB. Zum Zeitpunkt des Ankaufs der Zertifikate durch die Klägerin im November 2006 war im Vergleich zu anderen österreichischen Immobilienaktiengesellschaften kein erhöhtes Kursrisiko gegeben. Ausweislich der damaligen Volatilitäten hatte die MEL eher günstigere Werte als ihre österreichischen Mitbewerber. Professionelle Vermittler und Berater mussten frühestens ab Ende August/Anfang September 2007 mit der Möglichkeit einer nachhaltigen Trendumkehr von MEL rechnen (SV Imo, AS 483).Juli 2007, nachdem bereits erste Negativmeldungen an die Öffentlichkeit gelangten, veröffentlichte die Meinl European Land am 31.7.2007 eine Adhoc Meldung. In dieser wurde dargestellt, dass sich die geschätzten jährlichen Mieteinnahmen des gesamten Portfolios der MEL per Ende 2010 auf rund EUR 700 Mio. belaufen würden. Dies werde zu einer geschätzten Wertsteigerung des Gesamtportfolios mit Ende 2010 von EUR 2,2 Mrd. führen, woraus sich ein Immobilienvermögen von rund EUR 9,2 Mrd. ergebe (Beilage./27). Nachdem es im Juli 2007 zu einem signifikanten Kursabsturz kam, wandte sich die Klägerin an Mario K+++. Dieser erklärte ihr, er hätte die Information von Meinl, dass die Anleger die Papiere weiter halten sollten, da der Kurs innerhalb kurzer Zeit wieder steigen werde (ZV K+++, AS 103v).
Beweiswürdigung:
Die zentralen Fragen des Beweisverfahrens waren, welche Beratung der Klägerin zu teil wurde und welcheRisikobereitschaft sie bei ihrem Investment hatte.
Die Klägerin behauptete, sie habe ausschließlich in sichere Papiere investieren, also kein Risiko eingehen wollen. Wäre sie über das tatsächliche Risiko aufgeklärt worden, hätte sie diese Papiere nicht gekauft. Dagegen behauptet die Beklagte, die Klägerin sei bereit gewesen „mittleres“ Risiko einzugehen. Diesem Risikohabe das abgeschlossene Geschäft entsprochen. Hier ist zunächst auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Christian Imo zu verweisen, der den Kurs der MEL Zertifikate übersichtlich darstellte und die Gründe, die zumKursverfall führten. Aus diesem umfangreichen und ausführlich erörterten Gutachten ergibt sich ebenso, dass dievon der Klägerin erworbenen Wertpapiere im Zeitpunkt des Erwerbs der Risikoklasse „R2 bis R3“ zuzuordnenwaren, dass also mit deren Ankauf geringes bis mittleres Risiko verbunden war.
Die Klägerin versuchte in ihrer Vernehmung darzustellen, dass ihr im Zuge des Beratungsgespräches erklärt worden sei, es handle sich um eine vollkommen sichere Anlageform, mit einem Sparbuch vergleichbar. Zunächst behauptete sie, über Kursschwankungen sei nie gesprochen worden. Sie sei davon ausgegangen, das von ihr investierte Geld würde sich laufend vermehren, es würden nicht einmal geringfügige Schwankungen bestehen (AS 93f). Diesen Behauptungen steht zunächst das von ihr unterfertigte Anlegerprofil entgegen. Es handelt sich dabei um eine äußerst übersichtliche Urkunde, bei der „mittleres Risiko“ angekreuzt wurde. Eine Erklärung dafür, warum sie nicht gefordert habe, dass unter Risikobereitschaft „gering“ angekreuzt werde, konnte sie nicht geben.
Die Klägerin behauptete anfangs auch, sie habe mit ihrem Bruder über die MEL Zertifikate nicht gesprochen, auch nicht im Zusammenhang mit der Stornierung des Tilgungsträgers. Als ihr sinngemäß vorgehalten wurde, es sei auffällig, dass ein derartiges Investment mit einem Fachmann aus der Familie nicht besprochen worden sei, meinte sie, es höre sich eigenartig an, es sei aber so. Erst nach Vorhalt der Beilage./15 musste sie einräumen, dass sie mit ihrem Bruder in zeitlicher Nähe zum Vertragsabschluss sehr wohl darüber gesprochen hatte,dass diese Papiere steigen und fallen würden (AS 99v). Dies wird auch bestätigt vom Zeugen Christian M+++, dem Ehegatten der Klägerin.
In diesem Lichte ist auch die Aussage des Zeugen Mag. R+++ glaubwürdig, der behauptete, er habe der Klägerin die Kursentwicklung demonstriert, wenngleich einzuräumen ist, dass diese zum damaligen Zeitpunkt mehr oder weniger steil nach oben ging. Dass von einem Totalverlust nie die Rede war, räumte auch der Zeuge Mag. R+++ ein, der selbst von einem sehr sicheren Papier ausging und erklärte, „mittleres Risiko“ deshalb angekreuzt zu haben, weil auf Seminaren diese Empfehlung abgegeben worden sei (AS 109f).
Dass der Klägerin die Möglichkeit des Rücktrittes bekannt war, ergibt sich schon daraus, dass sie von diesem Recht hinsichtlich der abgeschlossenen Lebensversicherung nach Rücksprache mit ihrem Bruder Gebrauch machte. Im Gegensatz dazu zahlte sie trotz Kenntnis der möglichen Kursschwankungen aufgrund des Gespräches mit ihrem Bruder und nochmaliger Beratung EUR 25.000 am 2.12.2006 ein
Darüber hinaus ist zu bemerken, dass es mittlerweile als allgemein bekannte Tatsache angesehen werden kann, dass Renditeversprechen, die erheblich über mit Sparbüchern üblicherweise erzielbaren Zinsen hinausgehen, mit höherem Risiko verbunden sind. Insofern ist weder die Aussage der Klägerin, noch diejenige ihres Gatten glaubhaft, sie seien angesichts von Renditeerwartungen von 7 bis 9% p.a. bzw. 10 bis 15% p.a. von einer sicheren Anlageform ausgegangen.