B2B-Projekte für Finanz- und Versicherungsbranche Mag. Günter Wagner
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Regierungsentwurf enteignet Konsumenten

B2B-Newsletter > 2018 - Archiv > NL 3/18
Versicherungsrücktritt soll stark eingeschränkt und finanziell unattraktiv gemacht werden:
Entwurf soll klammheimlich Vorteile für Versicherer und (rechtliche und finanzielle) Nachteile für Millionen Kunden bringen? EU-Widrigkeit? Verfassungswidrig?

Bereits im Herbst hagelte es heftige Proteste von Oppositionsparteien und Konsumentenschützern gegen den nun Gesetzesentwurf, den die Regierungsparteien FPÖVP am Mittwoch neuerlich einbringen wollen.

RA Dr. Norbert Nowak deckte schon damals die enormen finanziellen Konsequenzen für die Konsumenten auf.
Zum Nachlesen hier klicken...

Für Kunden drohen massive Verluste, für Berater Haftungsfallen (best advice), wenn sie ihre Kunden nicht von den drohenden Änderungen und deren Auswirkungen informieren. Daher: Informieren Sie Ihre Kunden und leiten Sie diese Information an diese weiter!
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Der neuerlich geplante Gesetzesentwurf ist Grund genug, um mit dem auf diesem Gebiet spezialisierten
Rechtsanwalt Dr. Norbert Nowak, der circa 8.000 Konsumenten in diesem Zusammenhang vertritt, ein Interview zu führen.
B2B: Sie haben heute nachmittags eine APA Meldung mit dem Titel
„Milliardengrab für Konsumenten – Aus für Versicherungsrücktritte ab 01.05.2018: FPÖ bricht Wahlversprechen!“ versandt. (zum Nachlesen hier klicken...)

Darin werfen Sie den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vor, still und heimlich der Bevölkerung ein Gesetz unterzujubeln, das noch dazu EU-widrig sei.

Können Sie das ein wenig näher ausführen?

Dr. Nowak: Alle diese Vorwürfe lassen sich belegen.
Zur Erinnerung: Der Europäische Gerichtshof EuGH hat 2013 ein Grundsatzurteil gefällt (hier zum Nachlesen…) und darin entschieden, dass bei einer mangelhaften Rücktrittsbelehrung der Versicherungsnehmer UNBEFRISTET ZURÜCKTRETEN kann. Dieses Urteil wirkt für alle Staaten der EU, daher hat in Österreich der OGH das Urteil 2015 bestätigt. Und darauf basierend gibt es viele gerichtliche Folgeentscheidungen, die eine Rückzahlungsverpflichtung entschieden haben: Fondsverluste sind nicht abzuziehen, der Versicherungsnehmer erhält im Prinzip die Prämien samt 4 % Zinsen zurück. Und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag vorher gekündigt war oder nicht.
Und genau das will nun die ÖVP-FPÖ zum Schutz der Versicherungskonzerne aushebeln.

B2B: Dies wurde im Herbst des Vorjahres bereits einmal versucht, aber das ist dann doch am heftig einsetzenden Widerstand gescheitert.

Dr. Nowak: Das stimmt. Im Vorjahr gab es enorme Kritik von Konsumentenorganisationen, der Arbeiterkammer, dem Sozialministerium und Interessensverbänden sowie den Oppositionsparteien. Die FPÖ war damals dagegen und scheint nun – weil man auf der Regierungsbank sitzt – einzuknicken.

B2B: Sie kritisieren auch, dass still und heimlich vorgegangen werde und reden sogar von einem Geheimbeschluss.

Dr. Nowak:
Wohl zurecht. Wenn schon die Kritik im Herbst so massiv war – und an den Kritikpunkten hat sich bis heute ja überhaupt nichts geändert – sollte man doch erwarten können, dass das Gesetz im Parlament, im Finanzausschuss und - so wie jedes andere Gesetz auch - öffentlich ausführlich diskutiert wird. Vor allem deshalb, weil es ja Millionen von Konsumenten betrifft, die brav ihre Ersparnisse den Versicherungen anvertraut haben!

Doch scheinbar will man den ganz einfachen Weg gehen. Man bringt den unveränderten Gesetzestext vom Herbst still und heimlich gleich in die 2. Lesung im Nationalrat ein, um rasch Fakten zu schaffen!
Motto: Diskussion unerwünscht.
Auch auf Anfragen wird nicht reagiert. Man kennt dies aus autokratischen Staaten außerhalb der EU, aber für ein westeuropäisches Land ist diese Art und Weise schlicht eine demokratiepolitische Bankrotterklärung.

B2B: Sie beantworten in Ihrer APA-Meldung gleich auch die Frage, wer profitiert?

Dr. Nowak:
Natürlich, die großen österreichischen Versicherungen, deren Milliardengewinne nicht geschmälert werden sollen. Mit einem Schlag sind die Versicherer alle Sorgen los. Die fehlerhafte Beratung (und deren finanzielle Konsequenzen) ist damit ohne Kostenbelastung der Versicherer saniert. Leider geht dieses Vorgehen voll zu Lasten den Konsumenten.

B2B: Was würde das geänderte Gesetz konkret für die Konsumenten bedeuten?

Dr. Nowak: Mit dem unveränderten Gesetzesentwurf soll für Rücktritte wegen fehlerhafter Belehrung ab 01.05.2018 (also ohne Übergangsfrist) geregelt werden, dass diese für die Versicherungen völlig sanktionslos sind, sofern der Vertrag vor mehr als 5 Jahren abgeschlossen wurde. Man kann zwar zurücktreten, bekommt aber - wie bei einer normalen Kündigung - nur den Rückkaufswert ausbezahlt. Diese Rücktrittsfolgen trotz fehlerhafter Belehrungen sind für diese Verträge daher gleich 0, denn den Rücktrittswert bekommt man ja soweiso immer ausbezahlt. Da kann man sich die Belehrung als Versicherer ja gleich ganz sparen. Schade ums Papier.
Das Ergebnis wäre genau das Gegenteil von dem, was vom EuGH, OGH und etwa dem Handelsgericht in den letzten Jahren zuerkannt wurde.

Zum Vergleich: Die Gerichte (EuGH [„Endress-Allianz“], OGH 7 Ob 107/15h, OLG Wien 2 R 148/17z) sprechen den Versicherungsnehmern für den Fall mangels richtiger Rücktrittsbelehrung wie soeben ausgeführt eine Rückzahlung der Prämien samt Zinsen zu, allfällige Fondverluste sind nicht abzuziehen, dies unabhängig davon, ob der Vertrag schon gekündigt wurde oder nicht.
B2B: Sie vertreten bereits Tausende Betroffene. Von wie viel Geld pro Kunden reden wir da?

Dr. Nowak: Im Durchschnitt erhält ein Konsument (je nach Beitragshöhe) derzeit im Falle einer unrichtigen Belehrung ca. EUR 5.000,00 bis 10.000,00 mehr zurück, als ihm die Versicherung „freiwillig“ auszahlt. Genau das soll nun wegfallen. Ein echtes Wunschgesetz für die Versicherer.

B2B: Kehren wir zum Vorwurf der EU-widrigkeit zurück. Ist das „nur“ Ihre persönliche Fachmeinung oder haben Sie sich auch auf Seiten der EU umgehört?

Dr. Nowak: Ich stand heute mit Dr. Maria Berger, österreichische Richterin am EuGH und Berichterstatterin beim zugrunde liegenden Endress/Allianz-Urteils in Kontakt. Eine bessere Expertenmeinung zu diesem Bereich und zu diesem Urteil gibt es nicht. Und ihre eindeutige Meinung ist, dass die geplante Regelung ohne Übergangsfristen europarechtswidrig ist. Eigentlich müsste diese Expertenmeinung zumindest die Justizsprecher der Parteien doch ein bisschen nachdenklich machen.

B2B: Der Entwurf soll am Mittwoch dem Parlament vorgelegt werden. Was erwarten Sie sich von den einzelnen Parteien?

Dr. Nowak: Volksvertreter von FPÖVP pilgerten vor ein paar Monaten durchs Land und versprachen, die Rechte des „kleinen Mannes“ im Parlament zu vertreten und zu schützen. Wir werden am Mittwoch sehen, ob sie dieses Wahlversprechen vergessen haben und der Lobbyisten-Druck der Versicherungskonzerne zu groß war.

Denn am Mittwoch geht es genau um das Geld des „kleinen Mannes“, der brav Geld für die Pension zur Seite legte. Und dem nun die Chance genommen werden soll, wegen fehlerhafter Beratung Geld von der Versicherung zurückzubekommen. Und nochmals: Es geht hier um 5.000 bis 10.000 Euro pro kleinem Mann, kleiner Frau.

Unklar ist, wie die SPÖ nun mit dem Gesetzesentwurf umgehen wird. Sie war ja am ersten Gesetzesentwurf beteiligt. Aber vielleicht hat sie nun dazu gelernt und verteidigt wieder die Rechte des kleinen Mannes?  Ich sehe da aber eher "schwarz", ein nettes Wortspiel. Apropos schwarz: Die schweigen sich wieder mal aus.

Die FPÖ ist überhaupt in einer Zwickmühle, da Sie sich im Wahlkampf ganz klar gegen das Gesetz ausgesprochen hatte, die OTS-Meldungen sind jederzeit einsehbar. Wenn sie nun plötzlich dafür stimmt, weiß man, was man von Versprechungen der FPÖ halten kann.

Ganz klar dagegen ist die Liste Pilz. Hrn. Dr. Kolba ist es zu verdanken, dass dieses Gesetzesvorhaben bekannt wurde.

B2B: Sie werfen ÖVP/FPÖ nicht nur den möglichen Beschluss eines EU-widrigen Gesetzes vor, sondern auch Verfassungswidrigkeit.

Dr. Nowak: Genau. Dieser Gesetzesentwurf widerspricht EU-Recht (siehe Richtlinie Lebensversicherung und EuGH-Urteil). Weiters widerspricht er der österreichischen Bundesverfassung (wegen Eingriff in bestehende Rechte) und wird daher auch angefochten werden. Und es droht sogar eine Staatshaftung wegen verbotener Beihilfe an die Versicherungen.  

B2B: Und was sollte Ihrer Meinung nach passieren?

Dr. Nowak: Keine Enteignung der Versicherungsnehmer. Also nichts von politischer Seite. Man sollte die Entscheidung, ob jemand Geld von der Versicherung zurückerhält, den unabhängigen Gerichten überlassen. Es gibt in Österreich eine Gewaltenteilung zwischen Justiz und Gesetzgebung, eines der Grundprinzipien jeder Demokratie.

Die Versicherungen versuchen aber – weil sie es vor Gericht aufgrund geltender Rechtslage nicht schafften - Zahlungen an falsch belehrte Konsumenten durch ein für sie maßgeschneiderten Gesetz zu verhindern. Und die Politiker nicken das lächelnd ab. Das darf es nicht geben in einer Demokratie.
Ich erwarte mir faire Gespräche mit meiner Kanzlei und somit den Betroffenen, um eine harmonische Lösung zu finden.
B2B: Sie haben doch sicher in den letzten Tagen versucht, mit Vertretern der Regierungsparteien Kontakt aufzunehmen. Ist das geglückt?

Dr. Nowak: Nein, so wie beim ersten Versuch im Herbst wird offenkundig versucht, das Gesetz durchzuschummeln.
Ich habe heute eine Reihe von Abgeordnete kontaktiert, denn ich bin mir sicher, dass nur sehr wenige sich der Konsequenz und Tragweite dieses Gesetzes voll bewusst sind.

B2B: Und was sollten Betroffene nun tun?

Dr. Nowak:
Sich sehr rasch bei uns melden.
Wir vertreten derzeit rund 8.000 Versicherungsnehmer.
Die Uhr tickt nur mehr bis zum 30.04.2018! .

Rückfragen & Kontakt:
RA Dr. Norbert Nowak
+43 1 513 73 83
nowak@rechtsinfo.at
www.rechtsinfo.at
Dr. Karl Lueger Platz 5
1010 Wien

Foto Dr. Nowak wurde zur Verfügung gestellt
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