Anlegerentschädigung in der Krise?
Sinnhaftigkeit der AeW (Anlegerentschädigung) am Pranger!
Da auf unseren vormonatlichen Beitrag zu Auer von Welsbach (hier zum Nachlesen...) zahlreiche Mail-Anfragen kamen, haben wir Dr. Herbert Samhaber (Fachverbands-Obmann der FDL OÖ und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Wertpapiergeschäfte und Vermögensberatung) um einen Kommentar zum Thema gebeten.
Dieses "Service" werden wir künftig öfters anbieten. Daher: Sollten Sie Fragen haben, die bis dato unbeantwortet scheinen, senden Sie diese an g.wagner@b2b-projekte.at!
Der Fall Auer von Welsbach (kurz: AvW) hat wieder einmal die Regelung zur Anlegerentschädigung mehr als in Frage gestellt.
Rund 148 Millionen Euro zahlt der Staat für die Pleite von AvW. Der Verlust der Anleger (welche tatsächlich an eine kontinuierliche Rendite von 10% per anno geglaubt haben) wird damit von den Steuerzahlern geschultert. Zusätzlich müssen bzw. mussten die verbleibenden Wertpapierfirmen Ihren „Solidarbeitrag" bis zum Maximum (2 mal 2,5% der jährlichen fixen Gemeinkosten) ausschöpfen und zahlen. Ein höherer Solidarbeitrag durch die Wertpapierfirmen ist denkunmöglich, wenn man nicht die Existenz der Unternehmen aufs Spiel setzen möchte.
Es stellt sich zum wiederholten Mal die Frage, wie man in Zukunft dieses Branchenbedrohende Szenario vermeiden kann.
Die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH oder kurz AeW hat die Aufgabe im Konkursfall von AeW-Mitgliedsunternehmen, wenn diese Unternehmen dadurch nicht mehr in der Lage sind, Anlegern Gelder zurückzuzahlen oder Finanzinstrumente zurückzugeben, Anleger zu entschädigen. Eine österreichische Wertpapierfirma darf niemals Schuldner Ihrer Kunden sein und daher weder Gelder noch Finanzinstrumente von Kunden entgegennehmen. Als aufmerksamer Leser haben Sie richtig erkannt, dass die Funktion der AeW im Kern obsolet ist, weil die AeW für einen Fall geschaffen wurde, der in Österreich gar nicht vorkommen darf.
Die österreichischen Wertpapierfirmen haben selbst in der Anfangsphase der AeW gegen die Möglichkeit, dass sie Treuhänder ihrer Kunden sein dürfen, abgestimmt. Durch diesen Punkt unterscheidet sich Österreich vom EU-Ausland. Darum stellt sich die Frage, ob Österreich überhaupt eine AeW braucht. Daran wird der Gesetzgeber regelmäßig durch die Interessenvertretung der Wertpapierfirmen erinnert.
Die von Gerichten angeordneten Zahlungen in der Causa AvW sind für mich juristisch höchst strittig. Aus meiner Sicht wurden die österreichischen Wertpapierfirmen zum Bauernopfer gemacht.
Banken kennen keine Kollektivhaftung im Wertpapierbereich. Warum also die Wertpapierfirmen strenger behandeln? Mit der Einlagensicherung ist die AeW nicht vergleichbar, weil Depotinhaber österreichischer Depots Eigentümer sind und bleiben, während z. B. das Geld auf Sparbüchern im Eigentum der jeweiligen Bank ist. Darum macht die Einlagensicherung im Gegensatz zur AeW Sinn.
Die Zahlungen, die die AeW in den bisherigen Schadensfällen leisten musste, führten diese trotz der Ausschöpfung des Höchstmaßes an Zahlungen durch die Wertpapierfirmen regelmäßig an den Rand des Konkurses und die Republik Österreich musste im letzten Augenblick einspringen. Der Gesetzgeber kann die AeW abschaffen und hat somit ein Problem weniger, das auch die Wertpapierfirmen in Ihrer Existenz bedroht. Anlageverluste zu solidarisieren gibt es nur in Österreich.
Fragen zur Causa AvW werden auf der Homepage der AeW beantwortet. Die mir bekannten Fragen (z. B. zur Anmeldefrist für Geschädigte), die an Mag. Günter Wagner gestellt wurden, sollten dort Beantwortung finden.
Dr. Herbert Samhaber
Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Wertpapiergeschäfte und Vermögensberatung
Vorsitzenden des Fachausschusses Wertpapierunternehmen in der WKO
Vorstandsmitglied der Sparte Information und Consulting in der WK Oberösterreichs
Fachgruppenobmann der Finanzdienstleister in der WK Oberösterreichs
Fachprüfer für Kreditvermittlung und Vermögensberatung
Universitätslektor für Kapitalmarktrecht und Wertpapieranalyse
Vorstandsvorsitzender der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG
Informationen zu Dr. Samhaber und der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG, sowie Kontaktdaten finden Sie unter: www.sp-ag.at
Foto zur Verfügung gestellt
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