Wesentliche Punkte des WAG 2018 für Finanzdienstleister
Mit Beginn des Jahres 2018 tritt auch das neue Wertpapieraufsichtsgesetz WAG 2018 in Kraft. Es enthält zahlreiche Bestimmungen für deren Einhaltung Finanzdienstleister und innerhalb dieser Gruppe insbesondere Gewerbetreibende der gewerblichen Vermögensberatung (kurz: VB) selbst verantwortlich sein können.
Das umfasst z. B.: Bereiche wie eigene Geschäftsunterlagen und die eigene Homepage, sowie die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln.
Besondere Aufmerksamkeit sollten VB auch speziell in Bereichen walten lassen in denen sie ohne Rechtsträger tätig sind bzw. sein müssen, weil sie hier von Verpflichtungen betroffen sind, die sonst der Rechtsträger erfüllen muss. Ich habe einige für mich wesentliche Punkte herausgegriffen von denen meiner Meinung nach viele Finanzdienstleister betroffen sein werden.
„Unabhängig“
Überprüfen Sie Ihre Geschäftsunterlagen und die Homepage auf die Verwendung der Begriffe „unabhängig“, „Unabhängigkeit“ und solche die als Synonyme dafür gelten. Diese sollten nur angewendet werden, wenn die Unabhängigkeit tatsächlich zutrifft bzw. nur spezifisch für Bereiche wo das stimmt. Es wird eher die Ausnahme darstellen, dass „Unabhängigkeit“ pauschal für das gesamte Spektrum, das ein Finanzdienstleister anbietet zutrifft. Denn bei Gewährung und Annahme von Vorteilen bei unabhängiger Beratung sind sämtliche Vorteile, welche ein VB durch „unabhängige Beratung“ aus Produkten/von Dritten erhält, in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben. In diesem Bereich ist also nur das Behalten von Zahlungen, die der Kunde direkt an den VB zahlt gestattet – quasi nur „Honorarberatung“.
Pflichten bei Vermittlung/Beratung ohne Rechtsträger
Bisher: In Bezug auf die aktuell noch gültige Rechtslage, habe ich bereits einen Beitrag hier zu verfasst (siehe Newsletter vom April, "Haftung ohne Ende", zum Nachlesen hier klicken…). Was neu hinzukommt sind u. a. Informationspflichten zu EX-ANTE und EX-POST Kosten, sowie die Erfüllung der nun umfassenderen Berichtspflichten. Es empfiehlt sich ein genaues Studium der Wohlverhaltensregeln des WAG 2018 für alle VB und ganz besonders für diejenigen, die auch in Bereichen ohne Rechtsträger tätig sind. Emittenten können Unterlagen zur Verfügung stellen. Die Verantwortung liegt jedoch beim VB, da man nicht davon ausgehen darf, dass der Emittent nicht mit einem Rechtsträger gleichzusetzen ist.
Eigenverantwortung liegt dann vor, wenn es keine Finanzinstrumente betrifft, welche unter das WAG 2018 fallen. Anders ausgedrückt: dann, wenn die Investitionsvermittlung nicht über einen Rechtsträger erfolgt bzw. erfolgen kann z. B. bei Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KMG.
Zur Erinnerung: Für Veranlagungen gibt es eine Legaldefinition im § 1 Abs. 1 Z 3 KMG: „Veranlagungen sind Vermögensrechte über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger … sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt…“
Die Konzession für Wertpapierunternehmen umfasst nicht die Vermittlung und Beratung von Investitionen, welche unter den Begriff Veranlagungen fallen. Das bedeutet konkret, dass für diese Tätigkeit der VB selbst und kein Haftungsdach zuständig ist.
Was sind nun Veranlagungen in der Praxis?
Da es keine juristische Einschränkung außer die oben genannte gibt, ist die einfachste und praktikabelste Schlussfolgerung folgende: Alle Emissionen, bei denen mehrere (mehr als zwei) Anleger investiert sind, das Geld das gleiche „Schicksal“ hat, keine ISIN (Wertpapierkennnummer) vorhanden ist und nicht vom Investor selbst verwaltet wird.
Beispiele:
· Jegliche Form von Beteiligung an einer GmbH als Gesellschafter,
· Nachrangdarlehen, die nicht vom AltFG erfasst sind,
· Fonds, die keine Kapitalanlagefonds (Investmentfonds) sind,
· Das Sammeln von Geld (oder Vermögensgegenständen) durch Dritte, wobei die Verwaltung nicht durch den Konsumenten erfolgt, etc.
Hier ist der VB für die Einhaltung nicht nur des KMG’s, sondern eben auch (wie bisher) für große Teile des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) verantwortlich.
Welche speziellen Pflichten sind es, die der VB einhalten muss?
Besonders wichtig dazu ist § 47 Abs. 1 WAG 2018. Dieser verweist „insbesondere“ auf die Paragraphen 47 bis 54, 59 und 60 des WAG 2018 welche auch für Veranlagungen anwendbar sind. Das bedeutet, dass nicht nur die genannten Normen zu berücksichtigen sind, sondern auch mögliche andere Rechtsvorschriften für Veranlagungen adäquat anzuwenden sind.
Die folgende Aufzählung enthält keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll die wichtigsten in der Praxis hervorstreichen:
Allgemeine Pflichten:
VBs haben sicherzustellen, dass die Dienstleistung (Produkt) nicht mit der Pflicht, im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln, kollidiert. Es ist ein Zielmarkt für den Endkunden zu definieren und eine Strategie im Vertrieb zu vereinbaren, dass diese den Bedürfnissen des Endkunden entspricht.
Angemessene Information:
VBs haben ihren Kunden in verständlicher Form Erklärungen über die angebotenen Produkte und die vorgeschlagene Anlagestrategie inklusive sämtlicher Kosten und verbundener Gebühren rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Dadurch müssen die Kunden nach vernünftigem Ermessen in der Lage sein, die genaue Art und die Risiken der angebotenen Veranlagung zu verstehen, um eine Anlageentscheidung treffen zu können.
VBs müssen darüber informieren, ob sie die Dienstleistung unabhängig erbringen, ob die Beratung eine umfangreiche oder eingeschränkte Analyse beinhaltet, ob eine regelmäßige Beurteilung der Eignung der angebotenen Produkte im Sinne der Eignung für die Kunden vorgenommen wird. Die Kunden müssen von ihren Beratern über sämtliche Kosten und Nebenkosten sowie Kosten von eventuellen Nebendienstleistungen informiert werden. Alle Kosten der Investition sind von den VBs zusammenzufassen, um die kumulative Wirkung auf die Rendite der Anlage zu erklären.
Redliche, eindeutige und nicht irreführende Information:
Wichtig ist, dass auch Marketingmitteilungen an Kunden eindeutig sind und die Nennung sowohl des jeweiligen VBs, als auch des geprüften Prospektes beinhalten.
Pflichten bei unabhängiger Beratung:
Wird die Dienstleistung als „unabhängige Beratung“ angeboten, muss eine ausreichende Palette von auf dem Markt angebotenen Investitionen definiert werden, welche eine Streuung für den Investor bietet. Zusätzlich gilt die bereits oben im gegenständlichen Beitrag angeführte Restriktion in Bezug auf Zahlungen/Vorteile durch Dritte an den VB.
Gewährung und Annahme von Vorteilen:
Eine „Provision“ etc. darf nur bezogen werden, wenn die Existenz und der Betrag dem Kunden offengelegt werden. Ist die Höhe nicht feststellbar, so ist dies dem Kunden nicht nur mitzuteilen, sondern auch eine Schätzung der Höhe der „Vorteile“ vorzunehmen.
Qualitätsverbesserung der Dienstleistung:
Gemäß § 52 WAG 2018 muss eine Qualitätsverbesserung der Dienstleistung vorliegen. Alle Bestimmungen des genannten Paragraphen sind kumulativ zu erfüllen. Speziell auf die Verbesserung der Qualität durch die Dienstleistung des VB ist einzugehen und diese dem Kunden aufzuzeigen.
Berichtspflicht:
VBs müssen per dauerhaftem Datenträger regelmäßig ihren Kunden berichten. Diese Mitteilungen haben die Art und Komplexität der jeweiligen Investition sowie die für den Kunden erbrachte Rechnung und auch die Kosten zu enthalten.
Vor Durchführung des Geschäfts hat der VB eine Erklärung zur Eignung dem Kunden zu übermitteln, worin die zu erbringende Dienstleistung genannt und erläutert wird.
Ich möchte betonen, dass es sich bei oben genannten Rechten und Pflichten des VB bezüglich Veranlagungen um keine abschließende Darstellung handelt, sondern nur die aus meiner Sicht wichtigsten Bestimmungen behandelt werden und aus heutiger Sicht. Da das Gesetz neu ist, muss man in diesem Fall speziell beachten, dass andere Auslegungen seitens Behörden und Gerichten noch folgen können.
Mit Inkrafttreten des WAG 2018 sehe ich noch mehr Vorteile für Vermittler von Portfolioverwaltungen, weil der Rechtsträger dem Vermittler viele Denkstellen abnimmt. Weiterhin gilt, dass das Haftungs- und Regressrisiko hier deutlich geringer ist als bei Vermittlung von Finanzinstrumenten oder der Vermittlung von Veranlagungen. Als Gerichtssachverständiger deckt sich das mit meinen Erfahrungen. Dementsprechend wohl fühle ich mich als Vermögensverwalter.
Dr. Herbert Samhaber
Hinweise: Ein Anspruch auf universelle Gültigkeit der Inhalte des gegenständlichen Beitrags besteht nicht. Produkte und Dienstleistungen können andere Eigenschaften haben, sodass angeführte Beispiele gegebenenfalls nicht zutreffen können. Jeder Einzelfall ist gesondert zu betrachten. Zur Wahrung des Schriftbildes wurde auf das Gendering von Formulierungen verzichtet. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Inhalte.