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OGH Urteil zur Beraterhaftung

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OGH zur Haftung des Beraters

Im Dezember wurde ein OGH-Urteil veröffentlicht, im dem wieder die Haftung des Beraters Thema war.
Dieses Urteil wird vom Fachverband der Finanzdienstleister als bedeutend eingestuft."...ein Urteil, welches von Dr. Neumayer erreicht wurde, welches im Ergebnis bedeutet, dass Immobilienaktien im Risiko ex ante gering bis mittel eingestuft werden konnten, wenn man nichts vom Rückkauf wusste. Dies sollte den Druck von den Beratern nehmen, wir danken Dr. Neumayer für diesen tollen Erfolg für die Finanzdienstleister."



Der OGH hat am 22. 11. 2011 im Urteil 8 Ob 107/11k zu Recht erkannt:
Das Urteil können Sie im Original nachlesen...

Worum ging es dabei konkret?

"Die Klägerin erwarb 2006 über Beratung der Beklagten Aktienzertifikate einer im EU-Ausland niedergelassenen Gesellschaft. Diese verloren ab Juli 2007 massiv an Wert. Die Klägerin hatte den Wunsch, Geld für die Anschaffung eines Hauses anzusparen. Sie brachte zum Ausdruck, kein besonders hohes Risiko eingehen zu wollen. Der Berater sprach von einer sehr sicheren Anlageform. Im Anlegerprofil wurde die Risikoklasse „mittel“ angekreuzt. Zudem wurde der Klägerin gesagt, dass die Emittentin in Immobilien investiere und sie selbst eine Einzelaktie erwerbe. Der Kurs der Zertifikate wurde durch „verdeckte Aktienrückkäufe“ der Gesellschaft zunächst stabil gehalten. Im Juli 2007 kam es zu einem signifikanten Kursabsturz.

Die Klägerin begehrte die Rückzahlung des Kaufpreises (einschließlich Spesen) Zug um Zug gegen Rückgabe der erworbenen Zertifikate; Ihr sei die in Rede stehende Veranlagung als sehr sichere Investition präsentiert worden, die man mit einem hochverzinsten Sparbuch vergleichen könne. Mehrfach sei der Realwert und die Mündelsicherheit der Veranlagung dargestellt worden. Über das Risiko und auch über den Unterschied zwischen Aktien und Zertifikaten sei sie nicht aufgeklärt worden. Zudem sei ihr eine Immobilienaktie einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich verkauft worden. Wenn sie über diese Umstände aufgeklärt worden wäre, hätte sie den Vertrag nicht abgeschlossen.


Die Beklagte entgegnete, dass das Beratungsgespräch mit der Klägerin ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Klägerin habe in dem von ihr unterfertigten Anlegerprofil die Risikobereitschaft mit „wachstumsorientiert“ und „mittlerem Risiko“ angegeben. Die von der Klägerin erworbenen Zertifikate seien zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls in diese Risikoklasse einzuordnen gewesen. In einem Gutachten seien diese Zertifikate sogar als mündelsicher qualifiziert worden. Der Abwärtstrend des Kurses ab Mitte 2007 sei für sie nicht vorhersehbar gewesen.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren sowie das Eventualbegehren ab. Die von der Beklagten durchgeführte Beratung sei mit den damals zur Verfügung stehenden Informationen im Einklang gestanden. Das Wertpapier sei zum Ankaufszeitpunkt mit geringem bis mittlerem Risiko behaftet und damit auch für eine mittelfristige Veranlagung geeignet gewesen. Die Veranlagung habe daher den Vorgaben der Klägerin entsprochen. Die von der Emittentin veranlassten Aktienrückkäufe seien bei Vertragsabschluss nicht erkennbar gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Berater habe die Veranlagung zwar als sehr sichere Anlageform, nicht aber als risikolos dargestellt. Dementsprechend habe er mögliche Kursschwankungen erwähnt. Die damalige Risikoklasse der Zertifikate habe der Erwartungshaltung der Klägerin entsprochen. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgestaltung des Produkts von der durch die Verkaufsbroschüre vermittelten Vorstellung abgewichen sei, bestünden nicht. Die Beklagte hätte daher auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen in der Verkaufsbroschüre vertrauen dürfen. Insgesamt habe für die Beklagte keine weiterführende Nachforschungspflicht über die Risikogeneigtheit der Anlageform bestanden. Auch ein Aufklärungsfehler sei ihr nicht unterlaufen.

Der OGH kam zur Entscheidung, dass das Klagsbegehren zu Recht abgewiesen wurde!


Im Detail führt der OGH aus - Original-Ziate aus dem Urteil:

1.1 Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Beratung und die Zeichnung der Kapitalanlage vor dem 1. 11. 2007 erfolgte. Aus diesem Grund ist das Wertpapieraufsichtsgesetz 1996 anwendbar.

2.1 Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass im Anlegerprofil der Klägerin ein „mittleres Risiko“ angegeben worden sei und die von ihr erworbenen Wertpapiere zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dieser Risikoklasse entsprochen hätten, greift zu kurz. Vielmehr ist in den Anlageberatungsfällen zunächst zu prüfen, ob das vom Berater erhobene Anlegerprofil des Anlegers mit dessen Anlageziel übereinstimmte und der Anleger auf eine allfällige Abweichung und die dafür maßgebenden Faktoren deutlich hingewiesen wurde.

2.2 Nach der Entscheidung 8 Ob 25/10z ist die Risikogeneigtheit einer Anlageform als Produkteigenschaft anzusehen. Die Risikogeneigtheit eines Wertpapiers kann sich vor allem auf den Umstand, dass Kursschwankungen eintreten (Werthaltigkeit), auf das Ausmaß und die Häufigkeit von Kursschwankungen, auf Maßnahmen zur Risikobegrenzung oder auf den mitgliedschaftlichen Einfluss auf die Gesellschaft beziehen. Die Risikogeneigtheit des Anlageprodukts ist der Risikobereitschaft des Kunden gegenüber zu stellen. Die Risikoerwartung muss dem Anlageziel entsprechen. Stimmen Risikogeneigtheit und Risikobereitschaft nicht überein, so liegt ein Irrtum über das Kursrisiko (Verlustpotential) und damit eine Investition in ein nicht gewolltes Wertpapier vor.

2.3 Ausgehend von den Feststellungen ist die Klägerin von nicht stark schwankenden Kursen ausgegangen. Sie wollte Geld für die Anschaffung eines Hauses ansparen und kein besonders hohes Risiko eingehen. In diesem Sinn bezeichnete der Berater die Veranlagung als sehr sichere Anlageform. Er wies auch darauf hin, dass die Gesellschaft in Immobilien investiere und die Immobilien als Wert vorhanden seien, sowie dass die Klägerin eine Einzelaktie erwerbe.

2.4 Im vorliegenden Fall darf aber nicht übersehen werden, dass die Klägerin Kursschwankungen grundsätzlich in Kauf nahm, sie in Aktien investieren wollte und ihr eine Risikostreuung in Form eines Zwei-Säulen-Modells empfohlen wurde. Hinzu kommt, dass die Zertifikate zum Zeitpunkt des Erwerbs auch tatsächlich in die Risikoklasse „geringes bis mittleres Risiko“ fielen und professionelle Vermittler und Berater jedenfalls nicht vor Mitte 2007 mit einer nachhaltigen Trendumkehr rechnen mussten. Österreichische Immobilienaktien unterlagen schon etwas früher dem Abwärtstrend.

In dieser Situation kann auch einem professionell agierenden Berater kein für eine Haftung der Beklagten vorausgesetzter Verschuldensvorwurf im Hinblick auf eine Abweichung des Anlageprodukts von der Risikoerwartung bzw dem Anlageziel der Klägerin gemacht werden. Die Einholung selbst sachverständiger Informationen über die Wirtschaftlichkeit und das Risikopotential der Anlage im November 2006 hätte für die Beklagte kein anderes Bild ergeben.

Soweit der OGH in seiner Entscheidung.

Bildnachweis: Foto Frankfurt am Main_aboutpixel.de_Artur Kuzminski

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