Wie sollen sich die Berater nun verhalten?
Haftungsrisken für Berater und der Umgang mit diesen!
Seit dem Konkurs der Firma Ertrag & Sicherheit (E&S), die offensichtlich betrügerischen Goldanbietern aufgesessen waren (und Millionen-Verluste zu verkraften hatten) und dem nun eingeleiteten Konkurs über die Goldprofessionell Gmbh fürchten viele Anleger um ihr Geld. Wenn von den beteiligten Unternehmen „nichts mehr zu holen sein wird", ist es ein sehr wahrscheinliches Szenario, dass versucht wird, auf die beteiligten Berater/Vermittler zuzugreifen.
Etwa eine Woche lang kann man die gestrige Sendung mit einem Beitrag zum Thema von „Heute konkret" in der TV-Thek nachsehen und zwar hier…
Was sollen die Berater/Vermittler tun? Können Sie wirklich heran gezogen werden? Was sollen sie den Kunden sagen?
Dazu haben wir beim gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Herbert Samhaber nachgefragt.
Dr. Samhaber geht auf die Problematik ein und versucht die unterschiedlichen Haftungsrisiken für angestellte bzw. selbständige Berater einzuschätzen. Und gibt Tipps für Berater zur Vorbereitung auf mögliche Malversationen.
Dieses "Service" werden wir künftig öfters anbieten. Daher: Sollten Sie Fragen haben, die bis dato unbeantwortet scheinen, senden Sie diese an g.wagner@b2b-projekte.at!
Der aktuelle Fall von E&S zeigt wieder einmal, dass das Risiko bei Produktvermittlung für Berater nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Anlegeranwälte gehen im Fall der Anmeldungen eines Schadensanspruchs erfahrungsgemäß häufig nach dem Prinzip „Wo gibt’s was zu holen?" vor. Daher wird gerade wenn der Rechtsträger als möglicher Zahler ausfällt oder auszufallen droht werden oft auch einzelne Berater juristisch belangt.
Im gegenständlichen Kommentar werde ich eine vereinfachte Darstellung zu möglichen Haftungsszenarien machen und Tipps zum Umgang damit für Berater geben. Ob die Punkte für den einzelnen Berater zutreffen muss man von Fall zu Fall beurteilen. Meine vereinfachte Darstellung entspricht der von mir erlebten Praxis. Ein Anspruch auf universelle Gültigkeit besteht nicht. Ich werde vorrangig auf mögliche Außenhaftungen gegenüber Dritten eingehen und das Thema Innenhaftung nur peripher behandeln.
Wesentliche grundsätzliche Aspekte für Berater:
1) Handelte der Berater als Angestellter oder als Gewerbetreibender?
a) Angestellter: Bei Angestellten haftet nach Außen gegenüber Dritten grundsätzlich der Arbeitgeber.Innenansprüche können z. B. bei grober Fahrlässigkeit vom Arbeitergeber gegenüber dem Arbeitnehmer gestellt werden. Einzelne Fälle zeigen, dass es auch zu einer direkten Außenhaftung Angestellter kommen kann, wenn diese außerhalb Ihres mit dem Dienstgeber vereinbarten Tätigkeitsbereiches agieren. Ein Fall der mir immer im Gedächtnis bleibt, ist ein Bankberater der für einen Kunden ein Vermögensverwaltungstätigkeit erbracht hat, die nicht durch die Bank genehmigt war. Konkret ist ein „Investment-Advisor" kein Portfolio-Manager urteilten die Gerichte. Der Bankmitarbeiter haftete selbst.
b) Gewerbetreibender: Ein Gewerbetreibender haftet grundsätzlich selbst gegenüber Dritten, es sei denn der Gewerbetreibende handelt im Rahmen der Vollmacht eines Rechtsträgers im Wertpapierdienstleistungsbereichs. Dafür müssen in der Regel zumindest folgende 4 Punkte zutreffen.
Die Konzession des Rechtsträgers muss die erbrachte Tätigkeit umfassen.
Der Gewerbeschein des Gewerbetreibenden (Vermögensberater oder Wertpapiervermittler) muss die Tätigkeit für den Rechtsträger in der erbrachten Form erlauben.
Die Vollmacht, die der Rechtsträger für den Gewerbetreibenden ausgestellt hat, muss die erbrachte Tätigkeit erlauben.
Der Berater hat ausschließlich vom Rechtsträger genehmigte Unterlagen verwendet.
Sollte einer dieser 4 Punkte nicht erfüllt sein, kann es zu einer direkten Haftung des Gewerbetreibenden gegenüber Dritten kommen. Treffen die 4 Punkte zu, ist in der Regel von einer Außenhaftung des Rechtträgers auszugehen. Eine Innenhaftung des Beraters gegenüber dem Rechtsträger kann trotzdem vorliegen, speziell bei Beratung und Antragsvermittlung.
Geht es in Richtung Täuschung der Kunden, wird es auch stark darauf ankommen was der Berater wusste oder wissen musste. Auch in diesem Fall kann es auch zu einer Außenhaftung des Beraters kommen, wenn der Berater im Rahmen der Vollmacht eines Rechtsträgers tätig war. Eine Verletzung der Wohlverhaltensregeln kann zu einer direkten persönlichen Haftung führen.
Ein häufig unterschätztes Risiko stellt die Produktprüfung dar. Dieses Risiko ist besonders dann latent, wenn der Berater nicht für einen Rechtsträger auftritt z. B. bei allen Veranlagungen („Beteiligungen") und beweglichen Sachwerten wie Edelmetallen. Egal ob mit oder ohne Rechtsträger sollte immer der Grundsatz gelten: „Ein Produkt das ich nicht kenne und verstehe, sollte ich nicht vermitteln." Für eine „fehlerhafte" Produktauswahl kann es zu einer Innen- und Außenhaftung kommen. Vermittelt man kein Produkt, sondern eine Dienstleistung wie Vermögensverwaltung, ist zumindest die Haftung für die darin eingesetzten Produkte für den Berater kaum möglich. Besondere Vorsicht sollte man bei ausländischen Anbietern walten lassen. Ausländisches Recht ist bei Produktgestaltung sehr häufig „weicher" als das österreichische Recht. Wird ein Produkt vertrieben, das in Österreich generell nicht oder z. B. an Privatkunden nicht vermittelt werden darf, kann das enorme rechtliche Risiken für Berater bedeuten.
2) Tipps für Berater zur Vorbereitung auf mögliche Malversationen
Tätigen Sie grundsätzliche keine telefonische Aussagen. Verfassen Sie keine unüberlegten E-mails oder Briefe. Identifizieren Sie mögliche kritische Fälle. Kontrollieren Sie die vorhandenen Kundenunterlagen inkl. Beratungsprotokollen und Dokumentation von Gesprächen, sowie Korrespondenzen mit Kunden. Zerlegen Sie Probleme in Teile – Welche Kunden könnten betroffen sein? – Welche Produkte der Kunden könnten betroffen sein? – Welche Aspekte der betroffenen Produkte sind betroffen? Achten Sie bei einem möglichen Wechsel der Haftpflichtversicherung auf Nachdeckung und Deckungslücken. Sammeln Sie relevante Unterlagen und Schriftverkehr, um sondieren zu können, was Ihnen helfen kann.
3) Für die Zukunft
Die wichtigste Frage, die sich ein Berater vor der Produktvermittlung und Beratung zu Produkten unbedingt stellen sollte: „Gibt es einen kontrollierten, geprüften und hinterlegten Prospekt?" Falls ja: Besorgen Sie sich diesen Prospekt und lesen Sie ihn. Falls nein: Weshalb gibt es keinen Prospekt? Fordern Sie eine schriftliche Begründung des Emittenten!
Dr. Herbert Samhaber
Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Wertpapiergeschäfte und Vermögensberatung
Vorsitzenden des Fachausschusses Wertpapierunternehmen in der WKO
Vorstandsmitglied der Sparte Information und Consulting in der WK Oberösterreichs
Fachgruppenobmann der Finanzdienstleister in der WK Oberösterreichs
Fachprüfer für Kreditvermittlung und Vermögensberatung
Universitätslektor für Kapitalmarktrecht und Wertpapieranalyse
Vorstandsvorsitzender der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG
Informationen zu Dr. Samhaber und der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG, sowie Kontaktdaten finden Sie unter: www.sp-ag.at
Foto zur Verfügung gestellt