B2B-Projekte für Finanz- und Versicherungsbranche Mag. Günter Wagner
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Nutzen Sie die gewonnene Zeit durch die IDD-Verschiebung.

B2B-Newsletter > 2018 - Archiv > NL 2/18
Was wird sich durch IDD verändern?
Und wie entstehen eigentlich EU-Richtlinien bzw. -Gesetze?
 
Eigentlich sollte die IDD per 28.2.2018 in nationales Recht gegossen und in Kraft gesetzt sein. Monatelang hielten sich die Gerüchte, dass die IDD verschoben werde, weil manche Länder es nicht rechtzeitig schaffen würden, ihre nationalen Gesetze anzupassen. Fakt ist, dass auch Österreich sich mit der Umsetzung enorm Zeit ließ und etwa bis heute kein Entwurf vorliegt, wie man die IDD in der Gewerbeordnung umzusetzen gedenkt.
 
Bevor wir uns mit der IDD und möglichen künftigen Umsetzung in Österreich näher auseinander setzen, möchten wir uns ansehen, wie in Brüssel zwischen dem Drei-Gestirn Kommission, Rat und Parlament eine Richtlinie entsteht, welchen Einfluss diverse Räte haben und was der Unterschied zwischen Richtlinie und Gesetz ist. Das möchten wir an Hand der IDD und Datenschutzgrundverordnung DSGVo erklären.

Dies ist ein Beitrag aus dem aktuellen BAV-Newsletter.
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Doch nun zurück zur IDD & DSGVo
 
Wie läuft der Gesetz-Werdungsprozess in der EU ab?

Jedes Gesetz auf europäischer Ebene entsteht durch das Zusammenwirken der 3 Institutionen: EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission. So ist es in den EU-Verträgen geregelt. Zu diesem Verfahren sagt man häufig auch Trilog. Das ist angelehnt an das Wort Dialog, weil hier 3 Institutionen miteinander verhandeln müssen.

Welche Aufgaben haben diese 3 Institutionen?

Ein Bild sagt mehr, als 1000 Worte:
Die Graphik rechts zeigt die Institutionen zum Start der aktuellen Gesetzgebungsperiode 2014. Diese Graphik (Quelle: EU-Parlament) können Sie hier in besserer Qualität herunterladen….

Zur IDD:

Als erster sprach sich der ECON Ausschuss des Europäischen Parlaments am 26. Oktober für eine Verschiebung aus.
 
Das EU Parlament entsendet seine Abgeordneten in zahlreiche Ausschüsse, für unseren Bereich wichtig sind ECON, JURI und LIEBE.
 
ECON ist die Abkürzung für „Ausschuss für Wirtschaft und Währung“, und ist laut eigener Homepage für „die Wirtschafts- und Währungsunion, die Regulierung von Finanzdienstleistungen, den freien Kapital- und Zahlungsverkehr, die Steuer- und Wettbewerbspolitik sowie das internationale Finanzsystem zuständig.“
 
JURI ist die Abkürzung für den „Rechtsausschuss“ und dieser ist laut eigener Homepage „unter anderem für den Bereich geistiges Eigentum“ zuständig und befasst sich u.a. mit der Zukunft des Urheberrechts.
 
LIEBE ist die Abkürzung für „Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ und ist laut eigener Homepage „für die uneingeschränkte Achtung der Grundrechtecharta innerhalb der EU, die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Stärkung der europäischen Bürgerschaft“ zuständig.
 
Zurück zur IDD:
Nachdem sich der ECON Ausschuss für die Verschiebung von Feber auf Herbst 2018 ausgesprochen hatte, stimmte wenige Tage später auch das EU-Parlament für eine Verschiebung der IDD. In einem Änderungsantrag wurde die EU-Kommission aufgefordert, die Wirksamkeit der IDD vom 23. Feber auf 1. Oktober 2018 zu ändern. Also zu verschieben. Denn die Letztentscheidung hat die EU-Kommission, die „Hüterin der EU-Verträge“.
 
Damit kommen wir zum genau geregelten Prozess des Trilogs und die Frage, wie die einzelnen Institutionen zusammen wirken müssen, um eine EU-Richtlinie zu beschließen.

 
a) Europäische Kommission
Sie ist die politisch unabhängige Exekutive der EU. Sie alleine ist zuständig für die Erarbeitung von Vorschlägen für neue europäische Rechtsvorschriften. Diese Vorschläge legt sie dann dem EU-Parlament und dem EU-Rat zum Beschluss vor.

Sie wird als Hüterin der Verträge bezeichnet, denn: Gemeinsam mit dem EU-Gerichtshof wacht die Kommission über die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts in den Mitgliedsstaaten. Österreich ist mit Johannes Hahn in der EU-Kommission vertreten. Er ist seit 1. November 2014 EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen.

b) Europäischer Rat
Im Europäischen Rat kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder zusammen, um die politische Agenda der EU festzulegen. Er ist die höchste Ebene der politischen Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern.
 
Der Rat war viele Jahrzehnte die wichtigste Institution und wurde erst durch die Aufwertung des EU-Parlaments (siehe unten) eingebremst. Aber noch entscheidet er über die allgemeine Ausrichtung der EU-Politik und ihre Prioritäten. Ohne jedoch für die Erlassung von Rechtsvorschriften befugt zu sein (kann nur die Kommission). Aber der Rat kann die Kommission ersuchen, einen Lösungsvorschlag zu einem Thema zu erarbeiten und in den Trilog zu schicken (Details unten).
 
c) Europäisches Parlament
Die Wahlberechtigten jedes Landes wählen das nationale Parlament. Und auch jene Personen, die z.B. Österreich ins Europäische Parlament entsendet. Daher mutet es ein wenig seltsam an, wenn man alles „Schlechte der EU in die Schuhe schiebt“ und vergisst, dass an diesen Entscheidungen alle ÖsterreicherInnen mitgewirkt haben. Konkret, indem wir das eigene Parlament und die EU-Abgeordneten gewählt und unseren Regierungschef in den EU-Rat entsendet haben.
 
Die heute starke Position des EU-Parlaments ist über Jahre langsam gewachsen. Erst durch den Vertrag von Maastricht (1992) wurde eine Mitbestimmungsmöglichkeit eingeführt und durch den Vertrag von Amsterdam (1999) noch ausgedehnt. Mit dem Vertrag von Lissabon (2009) wurde ein „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ definiert. Damit erhielt das EU-Parlament beträchtliche Befugnisse bei Gesetzgebung und finanziellem EU Haushalt übertragen.
 
Das EU-Parlament setzt sich aus 751 Abgeordneten zusammen, die in den 28 Mitgliedstaaten für diese Tätigkeit für 5 Jahre gewählt wurden. Die Anzahl der Sitze werden je nach Bevölkerungszahl eines jeden Mitgliedstaates vergeben. Jedoch gibt es mindestens sechs und maximal 96 Abgeordnete für ein Land. Österreich entsendet 18 Abgeordnete.

Wie entstehen Gesetze, Richtlinien auf europäischer Ebene? Was ist ein Trilog?
Die Kommission erstellt einen Vorschlag zu einer neuen Richtlinie – nur sie ist dazu berechtigt. Und dann beginnen die Verhandlungen mit EU-Rat und EU-Parlament. Dieses Ringen um Kompromisse nennt man Trilog. Ein Kunstwort, das sich aus dem lateinischen Wort „tri“ (für drei) und Dialog zusammensetzt. Stimmt also etwa der EU-Rat den Änderungsvorschlägen des Parlaments nicht zu, müssen sich die 3 gesetzgebenden Institutionen der EU zusammensetzen und in Dreiertreffen nach Kompromissen suchen, wobei die EU-Kommission die moderierende Rolle zwischen EU-Rat und EU-Parlament übernimmt.
 
Wenn Sie noch detailliertere Informationen zu den EU-Institutionen und Trilog suchen, lesen Sie hier in einer informativen Broschüre der EU weiter…

 
Unterschied EU-Richtlinie – EU-Gesetz?
Bis dato hat die EU in Richtlinien erarbeitet, wie ein bestimmtes Thema EU-weit künftig zu regeln ist. Dann erhielten die Nationalstaaten 1-2 Jahre Zeit, um die Richtlinie in ihren nationalen Gesetzen umzusetzen. Die IMD (also die erste Versicherungsvermittlerrichtlinie) wurde in Österreich per 15.2.2005 in der Gewerbeordnung umgesetzt. Dabei gibt die EU meist Mindestvorgaben, die nicht unterschritten werden dürfen. Manche Länder setzen die EU-Richtlinien strenger um, dafür hat sich der Begriff „gold plating“ eingebürgert, was wörtlich vergolden heißt. Österreich war oftmals so ein Musterschüler.
 
Das erste EU-Gesetz war/ist die DSGVo!
Da das Thema Datenschutz wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch extrem wichtig ist – „Daten sind das Öl/Gold des 21. Jahrhunderts“ & „Gefahr: Gläserner Mensch!“, hat die EU versucht, dieses Thema EU-weit einheitlich zu regeln. Daher versuchte man dies in Form eines EU-Gesetzes zu schaffen, da im Falle einer EU-Richtlinie wieder unterschiedliche Gesetze entstanden wären. Ganz wurde das Ziel nicht erreicht, da sich manche Länder für ihre Zustimmung zu einem EU-Gesetz bei manchen Themen sogenannte Öffnungsklauseln heraus verhandelt haben (also das Recht dieses Thema doch landesspezifisch zu regeln).

Die DSGVo, also die Datenschutzgrundverordnung, hat unserer Branche aktuell ganz fest im Griff, weil wir sowohl Finanz-, als auch Gesundheitsdaten unserer Kunden speichern. Daher wird die Behörde die Finanz- und Versicherungsbranche sehr genau unter die Lupe nehmen. Wahrscheinlich wird niemand die angedrohten 20 Mio. Strafe erhalten, aber es ist wirklich zu empfehlen sich in den nächsten 100 Tagen mit der DSGVo und ihren Vorschriften intensiv auseinander zu setzen, um ein böses Erwachen und Strafen zu vermeiden.
 
Und hier möchten wir noch einmal einen Appell an Sie richten. Nutzen Sie die Verschiebung der IDD, in dem Sie mit Vollgas die Anpassung Ihres Unternehmens an die Anforderungen von IDD & DSGVo weiter vorantreiben. Zurich wird dies selbstverständlich auch weiterhin tun, denn viele Punkte fordern eine Fülle von Formalakten (Formulare, Online), aber auch organisatorische Änderungen, Vorkehrungen, Dokumentationen und Schulungen.
 
Um nur ein paar „kritische Themen“ in Erinnerung zu rufen, die mit der IDD kommen werden:
 
  • Definition Zielmarkt, um den Kunden nicht mehr ungeeignete Produkte empfehlen zu können.
  • Themenkreis Provision: Künftig erlaubt oder nicht? Wann und bei welchen Produkten? Gewohnte Boni und quantitative Verkaufsziele „sind zumindest verdächtig“ – könnten sie doch durch Fehlanreize den Grundsatz, „im besten Kundeninteresse zu agieren“ gefährden.
    Wann gilt eine Provision als "schädlich"? Klärungsbedürftig sind vor allem Versicherungsanlageprodukte, also Lebensversicherungen.
    Welche Lebensversicherungsprodukte werden als Anlageprodukte eingestuft (für sie sieht die IDD strengere Regelungen vor, als für gewöhnliche Versicherungsprodukte und es muss ein Basisinformationsblatt nach der PRIIPs-Verordnung bereitgestellt werden, während für nichtanlagebasierte Polizzen ein "Beipackzettel" nach der IPID-Verordnung nötig ist).
  • Rolle der FMA?
    Derzeit sieht eine VAG-­Novelle vor, dass die FMA per Verordnung festlegen kann, welche Vergütungspraktiken schädlich sind. Was zu Kritik führt, weil dann die FMA Kontroll- und Rechts(durch-)setzungsorgan in einem wäre.
  • Neue Courtagevereinbarungen – wie regelt man die neuen Verpflichtungen aus IDD, DSGVo, Geldwäsche, etc. im Verhältnis zwischen Versicherer und Vermittler?
  • Wann gilt man als „Hersteller“, wann als „Vertreiber“? Abgrenzung? Wer hat welche Pflichten…
  • Dokumentation, Schulungen, Aus- und Weiterbildung…
 

Sie sehen also: Auch wenn man noch nicht abschätzen kann, wie streng Österreich die IDD in nationales Recht umsetzen wird, man sollte auf umfangreiche Änderungen eingestellt sein.
 
Zurich wird Sie weiterhin bestmöglich unterstützen und mit Informationen auf dem Laufenden halten. So stehen z.B. die entsprechenden Produktblätter bereits seit dem Jahreswechsel zur Verfügung, um Ihnen zu helfen, Ihre Beratungs- und Vermittlungstätigkeit auch weiterhin gesetzeskonform erbringen zu können.
 

Quellen: Homepages des EU-Parlaments, des Österreichischen Parlaments, der EU-Kommission und des EU-Rates, Beitrag im FondsProfessionell, sowie Homepage von B2B-Projekte Mag. Günter Wagner
Foto: Thorben Wengert, Pixelio.de
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