Auswirkungen der IDD auf die Praxis?
B2B-Newsletter > 2019 - Archiv > NL 7/19
IDD-konforme Beratung:
Beratungsprotokoll, Beratungspflicht, Wünsche- und Bedürfnistest nach IDD!
Damit beschäftigt sich der 6. Teil unserer Serie zur IDD, bei der uns der auf Versicherungsrecht spezialisierte Jurist Mag. Stephan Novotny tatkräftig unterstützt.
Teil 5 der IDD-Serie ("IDD-konforme Geschäftspapiere, Homepage, APPs")
Teil 4 der IDD-Serie ("Wann ist Vermittler auch Hersteller? Pflichten?“).
Teil 2 der IDD-Serie ("Zielmarkt, delegierte Verordnungen“). Teil 3 der IDD-Serie ("Aus- und Weiterbildung nach IDD“).
Teil 1 der IDD-Serie ("die echte Gefahr der IDD").
Gerne senden wir Ihnen auch das jeweilige PDF zu. Ein Mail mit "Ja zu Info" an g.wagner@b2b-projekte.at genügt und die IDD-Serie kommt zu Ihnen.
Praxishandbuch „Das österreichische Versicherungsvermittlerrecht“
Im Sommer in 10. Auflage erschienen.
Die Umsetzung der DSGVO im Finanz- und Versicherungsmarkt nimmt darin einen großen Raum ein. Details dazu finden Sie hier…
Das Inhaltsverzeichnis können Sie hier herunterladen…
IDD-konforme Beratung:
Beratungsprotokoll, Beratungspflicht, Wünsche- und Bedürfnistest:
Folgende Fragen klären wir heute:
- Was muss in Kundenvereinbarungen stehen?
- Welche Informationen müssen Sie im Beratungsprotokoll geben?
- Wie müssen Sie die Informationen dem Kunden übermitteln?
- Wer hat eine Beratungspflicht und wann kann diese ausgeschlossen werden?
- Wie ist beim Ausschluss einer Beratung vorzugehen und welche Gefahren könnte das bringen?
- Wann ist ein Wünsche- und Bedürfnis-Test durchzuführen?
Bereits vor Monaten ist die IDD in der Gewerbeordnung (GewO) umgesetzt worden. Kürzlich wurden nun endlich auch die Standesregeln (ersetzen die aus der GewO gestrichenen §§ 137 f-h) und die Ausbildungsdetails dazu veröffentlicht.
Bei den „Form-Vorschriften“ sind folgende Themenbereiche genauer nach Abänderungsbedarf aufgrund der IDD zu untersuchen:
- Allgemeine Dokumente, die etwa zu Hinweis-/Werbezwecken dienen:
Etwa Geschäftspapiere, Homepages, Apps, Newsletter, Rechnungen, etc.
Darüber haben wir bereits im 5. Teil unserer IDD-Serie berichtet. Zum Nachlesen hier klicken…
- Dokumente, die mit der Beratung zusammen hängen:
Etwa Kundenvereinbarungen mit Auftrag und Vollmacht, aber vor allem auch Beratungsprotokolle, Wünsche- und Bedürfnis-Test, etc. Diesen Punkt 2 wollen wir uns in diesem Newsletter näher ansehen:
a) Kundenvereinbarungen
Als Start sollte man sich die Kundenvereinbarungen (mit Auftrag/Vollmacht) genauer ansehen. Hier ist besonders auf die Statusklarheit zu achten. Zur Erinnerung: Nach den Vorschriften der IDD-Umsetzung darf man künftig das Gewerbe der Versicherungsvermittlung nur noch entweder als Agent oder als Makler ausüben. Wir haben darüber bereits im Jänner berichtet. Zum Nachlesen hier klicken…
Das Entscheidende dieser neuen Regelung ist, dass man sich binnen 12 Monaten ab Inkrafttretens des BGBl. Nr. 112/2018 für eines der beiden Gewerbe entscheiden muss. So ferne man das nicht tut, wird man von der Behörde ab 28.01.2020 automatisch als Agent eingestuft. Zwar sehe ich das wie einige weitere Juristen als bedenklichen Eingriff in die Erwerbsfreiheit an, doch dies wird wohl juristisch zu klären sein. Fakt ist, dass diese Umstufung massive Folgen auf die Courtage-/Maklervereinbarung haben wird, wenn Sie künftig als Agent arbeiten wollen/müssen.
Anmerkung Redaktion: Interessant in diesem Zusammenhang ist die Klage beim Verfassungsgerichtshof, die die Kanzlei Neumayer, Walter und Haslinger Rechtanwälte gegen diese Statusklarheit einbrachte, weil sie Provisionsverluste, DSGVO-Probleme und Kundenverluste befürchten. Zum Nachlesen hier klicken…
Jedenfalls ist in der Kundenvereinbarung anzugeben, ob Sie dem Kunden gegenüber als Agent oder Makler auftreten.
b) Beratungsprotokoll
Hier wird es den größten Anpassungsbedarf aufgrund der IDD geben. Nehmen Sie sich als Grundlage den § 1 Absatz 9 der Standesregeln her – (zum Nachlesen hier klicken…) denn dort ist genau geregelt, welche Informationen Sie dem Kunden geben müssen.
Und zwar sind das allgemeine Angaben zu Ihrer Identität, Anschrift, Info, dass Sie Versicherungsvermittler sind. Weiters ob Sie Beratungsdienstleistung zu den angebotenen Versicherungsprodukten anbieten oder nicht, wo der Kunde sich beschweren kann, GISA- bzw. Vermittlerregister-Angabe, tätig als Agent oder Makler, ob Sie Beteiligungen an VUs haben, etc. Ebenso müssen Sie über die Vergütungsart Auskunft geben (also ob Sie Provision erhalten oder Honorar in Rechnung stellen). Und im Falle von Versicherungs-ANLAGE-Produkten müssen Sie spezielle Informationen geben, die in der delegierten Verordnungen über Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln beim Verkauf von Versicherungsanlageprodukten (zum Nachlesen hier klicken…) aber auch in den Standesregeln definiert sind (siehe dazu Paragraph 9 der Standesregeln).
TIPP zum Thema Beratungsleistung: Hier möchte ich Sie darauf hinweisen, dass nach Sicht des Wirtschaftsministeriums Makler und Mehrfachagenten (MFA) Beratung anbieten müssen. Dazu steht in den erläuternden Bemerkungen zu den Standesregeln unter § 3, Absatz 2 und 3 folgendes:
„Gestützt auf die Option des Art.22 Abs.2 der Versicherungsvertriebsrichtlinie zur Festlegung einer verbindlichen Beratung normiert Abs.2 wie schon bisher (§ 137g GewO1994) eine Beratungspflicht. Dies entspricht auch dem in den Verhandlungen zur Richtlinienwerdung vertretenen Österreichischen Standpunkt. Allerdings soll nun, um den Gegebenheiten der Praxis zu entsprechen (da es vorkommen kann, dass ein Kunde ein ganz bestimmtes Produkt gezielt von sich aus verlangt), ein Entfall der Beratung erlaubt werden – allerdings nur unter den einschränkenden Bedingungen des Abs.3: Voraussetzung ist eine gesonderte Erklärung des Kunden. Zudem ist in Übereinstimmung mit dem MaklerG bei Personen, die in der Form als Versicherungsmakler tätig werden und damit mittelbar auch jenen, die als Versicherungsagent mit konkurrierenden Produkten tätig werden (§ 3 Abs.5) der Entfall der Beratung nicht zulässig!
Auch bei Wegfall der Beratungspflicht im zuvor genannten Fall ist jedoch neben dem grundsätzlichen Erfordernis der bestmöglichen Erfüllung der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden (Art.17 Abs.1 iVm Art.20 Abs.1 der Versicherungsvertriebsrichtlinie, vgl. Abs.1) bei Versicherungsanlageprodukten auch die Gewährleistung der Angemessenheit des jeweiligen Produktes gegenüber dem Kunden geschuldet: vgl. Art.30 Abs.2 der Versicherungsvertriebsrichtlinie, umgesetzt durch §10 Abs.3 der Standesregeln.“
Im Nicht-Juristen-Deutsch bedeutet das, dass nach Sicht des Ministeriums Makler und MFA (Agent mit konkurrierenden Produkten) grundsätzlich eine Beratungspflicht haben.
Diese Beratungspflicht kann nur bei Ausschließlichkeitsagenten auf Kundenwunsch ausgeschlossen werden. Das wird wohl dann der Fall sein, wenn der Kunde sagt, ich will nur eine „XY-Versicherung“ und sonst nichts. Wichtig: In diesem Fall ist dies schriftlich zu dokumentieren. Und das Ministerium erinnert ausdrücklich daran, dass weiterhin das Prinzip der „bestmöglichen Erfüllung der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden“ zu erfüllen ist und bei Versicherungs-ANLAGE-Produkten die „Angemessenheit des jeweiligen Produktes“ geschuldet wird. Also darf man wohl kein grundsätzlich falsches, ungeeignetes, überteuertes, etc. Produkt vermitteln, nur weil die Beratungspflicht nicht gilt.
Diese Beratungspflicht kann nur bei Ausschließlichkeitsagenten auf Kundenwunsch ausgeschlossen werden. Das wird wohl dann der Fall sein, wenn der Kunde sagt, ich will nur eine „XY-Versicherung“ und sonst nichts. Wichtig: In diesem Fall ist dies schriftlich zu dokumentieren. Und das Ministerium erinnert ausdrücklich daran, dass weiterhin das Prinzip der „bestmöglichen Erfüllung der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden“ zu erfüllen ist und bei Versicherungs-ANLAGE-Produkten die „Angemessenheit des jeweiligen Produktes“ geschuldet wird. Also darf man wohl kein grundsätzlich falsches, ungeeignetes, überteuertes, etc. Produkt vermitteln, nur weil die Beratungspflicht nicht gilt.
Achtung beim Beratungsverzicht: § 3 Abs.3 der Standesregeln sagt klar und deutlich: „…geht nur, wenn der Versicherungsnehmer den Abschluss eines bestimmten Vertrages wünscht und nach einer entsprechenden Warnung in einer gesonderten Erklärung nachweislich auf die Inanspruchnahme einer Beratung verzichtet. Der Versicherungsvermittler darf den Versicherungsnehmer nicht zu einem Beratungsverzicht veranlassen“!
Also: Sie müssen warnen, den Verzicht schriftlich dokumentieren und dürfen keinen Anlass geben, dass man Ihnen nachträglich vorwerfen kann, Sie hätten den Kunden zum Beratungsverzicht gedrängt.
Häufige Frage dazu: In welcher Form müssen Sie die Informationen den Kunden geben?
Dazu gibt § 5 der Standesregeln ganz klar Auskunft:
Dazu gibt § 5 der Standesregeln ganz klar Auskunft:
Grundsätzlich gilt: Unentgeltlich, auf Papier (also ausdrucken), in klarer, genauer und für Kunden verständlicher Form, und in einer Amtssprache des Mitgliedsstaates.
Abweichend davon kann man unter bestimmten Bedingungen die Informationen auch auf einem dauerhaften Datenträger (CD), oder einer Webseite übermitteln.
Doch auch wenn der Kunde dieser Art der Übermittlung zugestimmt hat, kann er dennoch die Übermittlung einer Papierfassung KOSTENLOS verlangen (§ 5 Abs. 3).
Doch auch wenn der Kunde dieser Art der Übermittlung zugestimmt hat, kann er dennoch die Übermittlung einer Papierfassung KOSTENLOS verlangen (§ 5 Abs. 3).
Frage: Was verlangen die Standesregeln zum Thema dauerhafter Datenträger?
Ein dauerhafter Datenträger ist dann erlaubt, wenn dies für das getätigte Geschäft angemessen ist (§ 5 Abs. 4) und der Kunde die Wahl zwischen Papier und Datenträger hatte und sich für den Datenträger entschied.
Frage: Wann ist „Angemessenheit“ gegeben?
Das ist in § 5 Abs. 6 der Standesregeln definiert: „…wenn der Kunde nachweislich regelmäßig Internetzugang hat“. Und einen präzisen Hinweis gibt es dazu noch: „Die Mitteilung einer E-mail-Adresse durch den Kunden für die Zwecke dieses Geschäfts gilt als solcher Nachweis“.
Ein dauerhafter Datenträger ist dann erlaubt, wenn dies für das getätigte Geschäft angemessen ist (§ 5 Abs. 4) und der Kunde die Wahl zwischen Papier und Datenträger hatte und sich für den Datenträger entschied.
Frage: Wann ist „Angemessenheit“ gegeben?
Das ist in § 5 Abs. 6 der Standesregeln definiert: „…wenn der Kunde nachweislich regelmäßig Internetzugang hat“. Und einen präzisen Hinweis gibt es dazu noch: „Die Mitteilung einer E-mail-Adresse durch den Kunden für die Zwecke dieses Geschäfts gilt als solcher Nachweis“.
D.h.: Stimmt der Kunde dem dauerhaften Datenträger zu und teilt er Ihnen seine E-Mail-Adresse mit, dann erfüllen Sie Ihre Verpflichtung damit ausreichend.
Was jedoch passiert, wenn der Kunde seine E-mail-Adresse irgendwann ändert (und somit Ihre Mitteilung ins Leere geht), ist nicht geregelt und wird wohl in ein paar Jahren in Prozessen endgültig definiert werden.
Was jedoch passiert, wenn der Kunde seine E-mail-Adresse irgendwann ändert (und somit Ihre Mitteilung ins Leere geht), ist nicht geregelt und wird wohl in ein paar Jahren in Prozessen endgültig definiert werden.
Sie möchten diesen Beitrag als PDF zugesandt erhalten? Ein Mail mit "Ja zu Info" an g.wagner@b2b-projekte.at genügt und die IDD-Serie kommt zu Ihnen.
Mag. Stephan Novotny und Mag. Günter Wagner, B2B-Projekte für Finanz- und Versicherungsbranche
Für Rückfragen:
MAG. STEPHAN M. NOVOTNY
Rechtsanwalt- Attorney at Law / Akademischer Versicherungskaufmann / Collaborative Law Lawyer
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Weihburggasse 4/2/26, A-1010 Wien
Tel: +43 / 1 / 512 93 37
Fax +43 / 1 / 512 93 37 93
Mob. +43 / 664 / 143 29 11
kanzlei@ra-novotny.at
www.ra-novotny.at
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