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Mag. Stephan Novotny informiert über die Auswirkungen

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Durch übliche Praxis droht ein Haftungsrisiko für Vermittler!

Bei langen Prozessen, die von einer Rechtsschutzversicherung gedeckt sind, war bisher eine Zwischenabrechnung möglich. Nach einem OGH-Urteil werden die Rechnungen des Anwaltes erst am Ende des Verfahrens bezahlt. Also regelmäßig erst nach 1,5 bis 3 Jahren, wie Mag. Novotny in seinem Beitrag unten hinweist.

Das wird bei der freien Anwaltswahl in der Rechtsschutz-Versicherung (RSV) dazu führen, dass die Versicherungsnehmer die Leistungen der Anwälte bevorschussen müssen, weil sich die Anwälte wohl nicht leisten werden können, Leistungen über diesen langen Zeitraum zu bevorschussen.

Für die Beratung des Vermittlers gilt es – vor dem Abschluss einer RSV - auf diese neuen Umstände hinzuweisen, weil sie sonst unter Umständen auch in eine Haftung kommen.  Das ist die wesentliche Aussage von
Mag. Stephan Novotny  unten anbei.

Zur Abrechnung in der Rechtsschutzversicherung


In der anwaltlichen Praxis bei der Abrechnung von rechtsschutzversicherten Causen ziehen sich Rechtsschutzversicherer auf die allgemeinen Bedingungen zur Rechtsschutzversicherung (Artikel 6 Punkt 6.8 der Musterbedingungen ARB 2015) zurück, wonach Abrechnungen erst am Ende des Verfahrens einer Instanz zulässig sind.

Bislang waren regelmäßig Zwischenabrechnungen möglich.
Gestärkt durch die Entscheidung des OGH zu 7 Ob 190/14 p
(das Urteil zum Nachlesen finden Sie hier...) lassen die Rechtsschutzversicherungen dies nicht mehr zu. In der täglichen Beratungstätigkeit der Versicherungsvermittler könnte dies zu Haftungsproblemen führen. Vielen Vermittlern ist dieser Umstand nicht bewusst.


In der
Entscheidung 7 Ob 190/14 p hat der OGH die bislang gelebte Praxis der Zwischenabrechnung von langjährigen Gerichtsprozessen quasi umgedreht und mit diversen Argumenten, die für den Verfasser dieses Artikels nicht immer nachvollziehbar sind, die Möglichkeit einer Zwischenabrechnung verneint. Der OGH führte darin beispielsweise aus, dass

,,gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Gebühren zumeist gesetzlich geregelt sind (zB im Gerichtsgebührengesetz).Der Aufwand für die Versicherungsunternehmen würde sich daher im Vergleich zur Überprüfung der Honorarnoten von Rechtsanwälten in Grenzen halten."

Hier übersieht der OGH meines Erachtens, dass die Abrechnung gegenüber der Rechtsschutzversicherung im Rechtsanwaltstarifgesetz geregelt ist (ebenfalls ein österreichisches Gesetz), sodass deren Nachvollziehbarkeit exakt jener von gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Gebühren, welche nach Ansicht des OGH zumeist gesetzlich geregelt sind, entsprechen.

Was bedeutet dies nun für die Praxis?

Nachdem es praktisch kaum Zivilverfahren gibt, die in ihrer Dauer unter eineinhalb Jahren angesiedelt sind, und viele zumeist zwei bis drei Jahre dauern, ist eine Vorfinanzierung der anwaltlichen Vertretungskosten durch Anwälte selbst meist eher schwierig. Dies bezieht sich insbesondere auch auf jene Rechtsschutzversicherungsverträge, bei deren Abschluss als Verkaufsargument auch die freie Anwaltswahl gebracht wird, im Gegensatz zu jenen Anwälten, die eine vertragliche Bindung mit dem Rechtsschutzversicherer eingegangen sind (sog. Vertrauensanwälte).

Grundsätzlich ist es meines Erachtens nicht einzusehen, warum Anwälte über derart langen Zeitraum für ihre eigenen Leistungen in Vorlage treten sollen.

Der Versicherungsvermittler sollte daher bereits bei Abschluss
der Rechtsschutzversicherung darauf hinweisen, dass aus der gelebten Praxis heraus die Suche eines Anwaltes im Rahmen der freien Anwaltswahl oft erst dann von Erfolg gekrönt sein wird, wenn der Versicherungsnehmer die Kosten seines Anwalts bevorschusst. Eine Deckungszusage vorausgesetzt, wird der Versicherungsnehmer ohnehin am Ende einer Instanz diese Kosten wieder von seiner Versicherung refundiert erhalten, sofern eine Abrechnung jener entspricht, welche auch gegenüber der Rechtsschutzversicherung zu erfolgen hat (z.B.: Loko Tarif). Auch darauf sollte der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer hinweisen.

In der täglichen Beratungspraxis und insbesondere vor Abschluss von Rechtsschutzversicherungen tut der Versicherungsvermittler daher gut daran, auf diesen Umstand hinzuweisen, um sich einer Haftung zu entziehen.
Tut er dies nicht, so läuft er Gefahr, die Kosten des Anwalts selbst vorstrecken zu müssen, je nachdem, in wie weit er den Kunden darüber (nicht) aufgeklärt hat. Kunden, die eine Rechtsschutzversicherung mit freier Anwaltswahl wählen, stehen, wenn sie nicht vorfinanzieren, unter Umständen ohne Anwalt da und sind dann auf die Anwälte der Versicherung zu verweisen. Will der Kunde aber gerade seinen Vertrauensanwalt und wählt deswegen die Rechtsschutzversicherung mit freier Anwaltswahl, dann trägt der Vermittler bei Nichtaufklärung das Risiko, die Kosten selbst vorfinanzieren zu müssen.

Der Verkauf von Rechtsschutzversicherungen mit dem Argument, dass man hier für den Prozessfall vorgesorgt hat, bezieht sich im Worst-Case-Szenario auf die endgültige Tragung der Kosten, und nicht auf die Befreiung der Kostentragung während des Gerichtsverfahrens.

Dies wird zwar von Anwalt zu Anwalt unterschiedlich sein, bedeutet aber dennoch eine Einschränkung der freien Anwaltswahl. Hier sollte dem Versicherungsnehmer reiner Wein eingeschenkt werden, um im Schadensfall kein großes Erwachen beim Versicherungsnehmer aufkommen lassen zu müssen. Die Enttäuschung der Versicherungsnehmer ist in der Praxis nämlich regelmäßig groß.

Checkliste:

  • Sind Sie sich bewusst, was das Urteil des Obersten Gerichtshofes für Sie bei der Vermittlung von Rechtsschutzversicherungen bedeutet? Beachten Sie die erforderliche Aufklärung des Kunden über die Abrechnungsart in der Rechtsschutzversicherung.

  • Besondere Vorsicht gilt bei Rechtsschutzversicherungen mit freier Anwaltswahl, dort ist ein Hinweis erforderlich, dass auch der frei gewählte Anwalt erst am Ende einer Instanz, dh. eventuell erst nach mehreren Jahren, abrechnen darf und daher seine Leistungen bevorschussen muss oder der Kunde sie bevorschusst.

  • Vermeiden Sie Haftungen dadurch, dass Sie eine Erwartungshaltung beim Kunden durch Nichtaufklärung schaffen, die durch eine Rechtsschutzversicherung nicht erfüllt werden kann (zB: Wettbewerbsstreitigkeiten sind grundsätzlich nicht versicherbar, der Kunde bekommt auch keine Kaufvertragserrichtung bezahlt etc.)



RA Mag. Stephan Novotny
Rechtsanwalt in Wien
Akademischer Versicherungskaufmann



Mehr zum Autor:

Mag. Stephan M. Novotny

  • selbständiger Rechtsanwalt in Wien, akademischer Versicherungskaufmann.

  • Gutachterliche Tätigkeit für diverse Landesgremien und das Bundesgremium der Versicherungsagenten sowie laufende Beratung und Vertretung von internationalen Versicherungsunternehmen seit 15 Jahren.

  • Mitglied des Vorstandes des Verbandes der akademischen Versicherungskaufleute an der WU Wien, im Rahmen dessen regelmäßige Vortragstätigkeit an der WU executive academy.

  • Regelmäßige Vortragstätigkeit bei Fachseminaren, Tagungen und Lehrgängen in den Bereichen Versicherungsrecht und Versicherungsvermittlerrecht.  

  • Diverse Fachpublikationen, u.a. Mitautor von Das österreichische Versicherungsvermittlerrecht.


kanzlei@ra-novotny.at
www.ra-novotny.at

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